Was viele für Barrierefreiheit halten
Auf vielen Webseiten finden sich sogenannte „Accessibility-Features“: ein Button zur Kontrastumstellung, eine Schriftgrößen-Anpassung oder gar ein Vorlese-Plugin. Klingt gut, bringt aber oft wenig.
Denn diese Maßnahmen sind kosmetisch. Sie greifen auf der Oberfläche, schaffen manchmal sogar neue Probleme und lösen das eigentliche Ziel nicht: Zugänglichkeit für alle, unabhängig von Einschränkungen oder Technik.
Was Barrierefreiheit wirklich bedeutet
Barrierefreiheit (auch a11y genannt) meint: Webseiten sollen für alle Menschen zugänglich und nutzbar sein, egal ob sie sehen, hören, klicken, tippen oder sprechen können.
Hier die zentralen Grundlagen, auf die es wirklich ankommt:
1. Tastaturbedienbarkeit
Menschen mit motorischen Einschränkungen oder Screenreadern nutzen keine Maus. Daher muss jede Funktion wie: Menü, Slider, Formulare, Buttons, vollständig über die Tastatur erreichbar und bedienbar sein.
Das bedeutet: sinnvolle Tab-Reihenfolge, sichtbarer Fokus und keine "Maus-only"-Funktionen.
2. Screenreader-Kompatibilität
Blinde und sehbehinderte Menschen nutzen Screenreader, die den Inhalt der Website vorlesen. Damit das funktioniert, braucht es korrekt strukturierten Code: Überschriftenhierarchie, beschriftete Formulare, semantisch sinnvolle HTML-Elemente (z. B. button, nicht div mit Click-Events).
3. Klare Struktur & Semantik
Barrierefreiheit heißt auch: Inhalte so aufzubauen, dass sie logisch gegliedert und verständlich sind, auch ohne Design. Eine saubere Überschriftenstruktur (H1–H6), Listen, Landmarken (main, nav, footer) helfen nicht nur Menschen mit Hilfstechnologie, sondern auch der Suchmaschine.
4. Lesbarkeit & Kontrast
Barrierefreiheit ist auch visuell wichtig – aber nicht allein. Guter Farbkontrast (mind. 4,5:1) sorgt dafür, dass Text auch bei eingeschränktem Sehvermögen lesbar bleibt. Doch Farben dürfen nicht die einzige Informationsquelle sein („rot = Fehler“ reicht nicht).
5. Alternative Inhalte
Bilder brauchen sinnvolle alt-Texte. Formulare brauchen Labels. Videos brauchen Untertitel oder Transkripte. Alles, was du sehen oder hören kannst, braucht ein Äquivalent, wenn jemand es nicht sehen oder hören kann.
Warum Plugins das nicht lösen können
Es gibt zahlreiche Plugins, die behaupten, Webseiten barrierefrei zu machen, eben per Knopfdruck. Doch das ist Augenwischerei. Kein Plugin kann die Struktur deiner Seite verstehen, die Semantik rekonstruieren oder deine Inhalte sinnvoll umsetzen.
Barrierefreiheit ist kein nachträglicher Effekt, sondern muss von Anfang an mitgedacht und sauber im Code verankert sein.
Für wen ist das wichtig?
- Für Schulen & Bildungseinrichtungen: gesetzlich vorgeschrieben
- Für öffentliche Stellen: durch EU-Richtlinien verpflichtend
- Für Unternehmen: ein Wettbewerbsvorteil und eine Frage der Verantwortung
Barrierefreiheit bedeutet nicht, nur „gesetzeskonform“ zu sein. Sie heißt: alle mitdenken, niemanden ausschließen, Vertrauen schaffen. Digital wie menschlich.
Fazit
Barrierefreiheit ist kein Plugin. Kein Design-Feature. Kein Add-on. Sie ist eine Frage der Haltung und der Sorgfalt im Code.
Wer barrierefreie Webseiten entwickeln will, muss den Menschen in den Mittelpunkt stellen und die Technik so einsetzen, dass sie niemanden ausschließt. Das beginnt nicht mit einem Schalter auf der Oberfläche, sondern mit einer klaren Entscheidung im Fundament der Seite.
Wenn Sie wissen wollen, ob Ihre Seite barrierefrei ist oder es werden kann, dann melden Sie sich. Wir helfen Ihnen dabei, die Technik so umzusetzen, dass sie für alle funktioniert.